Das vereinte Europa ist noch weit von einer wirklichen Demokratie entfernt. Wichtige Prinzipien der Demokratie wie die Gewaltenteilung werden noch nicht beachtet: Die europäischen Gesetze (Verordnungen und Richtlinien) werden nicht vom Europäischen Parlament gemacht, sondern von der Europäischen Kommission, deren Mitglieder nicht von den europäischen Bürgern gewählt, sondern von den Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmt werden. Eine wirkliche Mitsprache der Bürger ist nicht möglich. Formen der direkten Demokratie wie Bürgerbegehren und Volksentscheid fehlen zudem noch.
Für eine funktionierende Demokratie auf europäischer Ebene bedarf es in Europa einer besseren und umfassenderen Information der Bürger und der Schaffung von mehr Möglichkeiten, miteinander in allen Bereichen und auf allen Ebenen gleichberechtigt zu kommunizieren. Auch im Bereich der Information und Kommunikation weist die Europäische Union noch erhebliche Defizite auf.
Die europäische Union wird von vielen ihrer Bürger als eine ihnen fremde Bürokratie empfunden, die bevormundend in ihr Leben eingreift. Hier sind Transparenz, Information und Mitsprache nötig.
Noch immer ist die Europäische Charta der Grundrechte nicht in Kraft. Die Bürger brauchen jedoch Schutzrechte, die sie gegenüber den Organen der Europäischen Union unmittelbar geltend machen können.
EDE will sich insbesondere einsetzen für die Stärkung der Demokratie und der Grundrechte in Europa, vornehmlich der Persönlichkeitsrechte und der Meinungs- und Informationsfreiheit, für den direkten grenzüberschreitenden politischen und gesellschaftlichen Dialog der europäischen Bürger und für die Integration aller Bürger Europas in das europäische Geschehen. Das Hauptaugenmerk von EDE gilt daher der Schaffung der notwendigen Grundlagen für den Aufbau einer gesamteuropäischen Demokratie.
Im gemeinsamen europäischen Haus und für Mitsprache in Europa bedarf es einer gemeinsamen Sprache
Wir wollen am Aufbau einer gesamteuropäischen Demokratie mitwirken, in der die Menschen oder die von ihnen gewählten Vertreter abseits politischer oder nationaler Blöcke über die sie bewegenden politischen Fragen sprechen.
Damit sich die Menschen, Bürger, Abgeordneten austauschen und debattieren können, müssen sie jedoch eine gemeinsame Sprache sprechen. D.h. es ist grundlegend, dass zuerst die (sprachliche) Basis für einen wirklichen Dialog geschaffen werden muss. Dann kann auch das europäische Demokratiedefizit verringert werden.
Nur wenn die Europäer in der Lage sind, gleichberechtigt in einen wirklichen Dialog miteinander einzutreten, sich gegenseitig kennenzulernen und über einander zu informieren und sich in den alle berührenden Fragen auszutauschen, kann dauerhafter Frieden erreicht und ein gemeinsames europäisches Haus errichtet werden.
Das Europäische Verständigungsproblem
Der grenzüberschreitende europäische Dialog der Bürger, Gruppen und Institutionen ist nur möglich, wenn sich die Menschen verstehen. Die Bürger Europas sprechen viele Muttersprachen, aber nur 23 Sprachen sind Amtssprachen der Europäischen Union, in denen die europäischen Bürger – so steht es zumindest auf dem Papier – mit der europäischen Verwaltung kommunizieren können. In der Praxis ist dies jedoch nicht möglich und viele Dokumente der europäischen Union liegen nur in wenigen Sprachen vor. Somit ist ungehinderte Information nicht möglich.
Nach offiziellen Angaben nutzen knapp 10 % der EU-Bevölkerung zudem keine der Amtssprachen, sondern eine von rund 40 Regional- oder Minderheitensprachen. Diese Bürger können sich also gar nicht in ihrer Muttersprache an europäische Behörden wenden.
Eine Kommunikations- und Entwicklungspolitik, die nicht auf der Anerkennung und Unterstützung einer jeden Sprache basiert, ist undemokratisch und verurteilt zudem einen Großteil der Sprachen in der Welt zum Aussterben. Dem muss gegengesteuert werden. EDE ist eine Bewegung für Sprachenvielfalt.
Die nationalen Regierungen neigen dazu, die große Sprachenvielfalt in der Welt als ein Hindernis für Kommunikation und Entwicklung anzusehen. Für EDE ist die Sprachenvielfalt hingegen eine ständige und unverzichtbare Quelle kulturellen Reichtums. Demzufolge ist jede Sprache wie auch der Ausdruck einer jeden Lebensform schon an sich wertvoll und damit schützens- und unterstützenswert.
Der ausschließliche Gebrauch von Nationalsprachen wirft für die Nicht-Muttersprachler unausweichlich Hindernisse auf, sich frei auszudrücken, zu verständigen und mit anderen zusammenzutun. Diese Ungleichheiten gilt es zu beseitigen. EDE ist eine Bewegung für die Emanzipation der Menschheit.
Englisch ist keine gute Lösung
Europa befindet sich in einem schleichenden Prozess hin zur Vorherrschaft der englischen Sprache auf Kosten der anderen Sprachen. Wir wollen die schöne englische Sprache aber nicht verteufeln und wir bekräftigen jeden, der sich daran macht, die englische Sprache zu erlernen und sich mit ihr der englischen, der US-amerikanischen oder anderen Kulturen und den Menschen der englischsprachigen Länder zu nähern. Ebenso begrüßen wir es, wenn andere Nationalsprachen in Schule und Freizeit gelernt werden. Denn Sprachen erweitern Horizonte, bringen neue Einsichten, eröffnen neue Möglichkeiten und bringen die Menschen einander näher; ganz davon abgesehen, dass Sprachenlernen auch Freude und Befriedigung schaffen kann.
Wir müssen aber feststellen, dass die englische Sprache als Amtssprache oder als alleiniges Kommunikationsmittel für Europa nicht taugt. Ein internationales Kommunikationssystem, das einen Teil der Menschen – die Englisch-Muttersprachler – lebenslang privilegiert, von anderen aber verlangt, jahrelange Mühen auf sich zu nehmen, ohne dadurch ein vergleichbares Sprachniveau zu erreichen, ist von Grund auf undemokratisch. Sprachliche Ungleichheit hat kommunikative und andere Ungleichheiten auf allen Ebenen zur Folge.
Belastung für Demokratie und Wirtschaft
Die EU gibt jährlich über 1,1 Milliarden Euro für Übersetzungen aus. Dennoch sind Sprachen wie z.B. Niederländisch oder Estnisch in der Realität nicht gleichberechtigt. In vielen Organen und Gremien der EU und europäischen Organisationen wird noch nicht einmal die deutsche Sprache gleichberechtigt verwendet, obgleich sie die Sprache mit den meisten Muttersprachlern in der EU ist.
Von der Vorherrschaft des Englischen profitieren nur Englischsprechende. In den europäischen Gremien belastet diese Situation die Effektivität und Demokratie der Debatten und unterwirft die Endfassungen der Beschlüsse dem Einfluss einer einzigen sprachlichen, kulturellen und politischen Gruppe.
Auch die USA, für die die EU nicht nur ein politischer Partner, sondern auch ein wirtschaftlicher Konkurrent ist, ziehen direkten Nutzen aus der Vorherrschaft des Englischen, da dies oft die Sprache der Debatten und Veröffentlichungen und fast aller Ausschreibungen der EU ist.
Welche Kosten verursacht das Sprachendilemma wirklich?
Die Kosten für Übersetzungen in den EU-Einrichtungen stellen sicherlich den geringsten Teil dar. Mehr kosten der bisherige ineffektive Sprachunterricht, die Behinderung der nicht-englischen Unternehmen bei Ausschreibungen und die Notwendigkeit von Übersetzungen bei Geschäfts- und anderen Kontakten. Unbezifferbare Kosten ergeben sich auch infolge von Fehlbesetzungen von Managementpositionen in Wirtschaft und Verwaltung, da die Forderung nach sehr guten Englischkenntnissen viele kluge und fähige Köpfe ausgrenzt. Zumindest werden sie mit unnötigem Lernaufwand belastet. Ebenfalls dürften die Kosten erheblich sein, die aufgrund der Tatsache entstehen, dass Englisch bei internationalen Kontakten vielfach auf Nichtenglischmuttersprachler hemmend wirkt. Das hat auch Folgen für die Wissenschaft, da nicht die Besten weiterkommen, sondern nur die, die Englisch können. Nur sie besuchen internationale einsprachig englische Kongresse, melden sich dort zu Wort oder veröffentlichen in englischsprachigen Fachzeitschriften. Und so werden häufig nur ihre Forschungsergebnisse international wahrgenommen. Es findet eine Auswahl statt, mehr auf der Basis der Sprachkenntnisse, als aufgrund fachlicher Qualifikationen.
Man könnte entgegenhalten, dass die bisherige Entwicklung nicht mehr aufgehalten werden könne, dass schon so viel in Englisch investiert worden sei, dass man eine andere Sprache nicht mehr als Verständigungsmittel einführen könne.
Wenn die Entwicklung der Menschheit so funktionierte, dann würden wir uns heute wohl immer noch mit Pferdekarren fortbewegen, und Wissenschaft, Diplomatie und Kirche sprächen noch immer Latein. Die bislang ins Englische gesteckten Mühen und Kosten waren aber nicht völlig vergebens, da jede Auseinandersetzung mit einer Fremdsprache Vorteile bringt. Zudem ist ein großer Teil des Esperantowortschatzes für den, der Englisch gelernt hat, bereits bekannt, sodass sich der Aufwand für das Erlernen von Esperanto noch weiter verringert.
Englisch-Sprachsteuer
Der Gebrauch der englischen Sprache in Europa ist eine Behinderung und Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung Europas. Ohne Zweifel stellen die Investitionen, die das Bildungssystem und später die Unternehmen aller nicht englischsprachigen Gebiete aufbringen müssen, eine enorme ökonomische Belastung dar. Es handelt sich quasi um eine Sprachsteuer, die von der nicht-englischsprachigen Mehrzahl der europäischen Bürger bezahlt wird, zum Vorteil derer, die diese Steuer nicht zu zahlen brauchen.
Auch weltweit gewährt die Festlegung auf eine Nationalsprache als internationale Verständigungssprache den Muttersprachlern dieser Sprache einen Vorteil, der durch nichts gerechtfertigt ist.
Einseitige kulturelle Ausrichtung
Jede Nationalsprache ist mit einer bestimmten Kultur und der Geschichte und den Auffassungen von einem oder mehreren Völkern verbunden. So lernen Schüler durch den Englischunterricht Kultur, Land und Politik der Englisch sprechenden Länder, vor allem Großbritanniens und der USA kennen. Mit der Erziehung in einer Sprache, in welcher auch immer, wird gleichzeitig ein bestimmtes Weltbild vermittelt. Der Sprachen- wie der gesamte Schulunterricht sollte eine neutrale und weltoffene Ausrichtung haben. EDE ist daher für eine transnationale Erziehung.
Notwendigkeit einer neutralen Sprache
Um die oben genannten Ungerechtigkeiten aufzuheben, ist vor allem die Benutzung einer neutralen und leicht zu erlernenden Sprache notwendig: als Arbeitssprache im Europäischen Parlament und seinen Ausschüssen, als Brückensprache für unbehinderte Kommunikation zwischen allen europäischen Bürgern und als Hilfsmittel für den wissenschaftlichen Austausch. Esperanto bietet diese Möglichkeiten.
Nur Esperanto bietet eine sowohl gerechte als auch effiziente Lösung – und kann zudem Schlüssel für die Schaffung einer europäischen Identität sein.
Der Spitzenkandidat von EDE Deutschland und Nobelpreisträger für Wirtschaft des Jahres 1994 Prof. Dr. Reinhard Selten, der selbst seit seiner Jugend Esperanto spricht, sagte 2007 in einer Rede vor dem Europäischen Parlament: Es ist notwendig, die Entstehung einer stärkeren europäischen Identität anzuregen. Ein schwerwiegendes Hindernis auf dem Weg zu einer stärkeren europäischen Identität sind die sprachlichen Schranken innerhalb Europas. Dieses Sprachenproblem erfordert eine Lösung. Die Vorherrschaft einer Nationalsprache kann nicht die Lösung sein. Auf lange Sicht ist nur eine neutrale Lösung akzeptabel. Wir dürfen keine Nation benachteiligen. Eine leicht zu erlernende Plansprache wie Esperanto ermöglicht eine neutrale Lösung des Sprachenproblems.